DIATRA-Redaktion
8. Sept. 2025 · 6 Min. Lesezeit
Von Spanien bis Vietnam, von Kanada bis Polen – überall tüfteln Regierungen, Gesundheitsbehörden und NGOs an neuen Ideen, um mehr Menschen für Organspende zu gewinnen. Der Bedarf ist riesig, doch oft hapert’s an Aufklärung, Vertrauen oder einfach daran, dass kaum über das Thema gesprochen wird. Die spannendsten Kampagnen zeigen: Mit guten Geschichten, cleverer Ansprache und digitalem Feingefühl lässt sich überraschend viel bewegen. Wir haben uns ein paar davon rausgepickt – per Zufallsgenerator.

Spanien, internationaler Vorreiter in Sachen Organspende, setzte mit der Kampagne „Transplantando Sonrisas“ („Lächeln transplantieren“) auf emotionale Begegnungen. Bewegende Porträts von Empfänger:innen, ergänzt durch persönliche Botschaften ihrer Spenderfamilien, wurden in mobilen Ausstellungen im ganzen Land gezeigt. Begleitend dazu entstanden kurze Videoclips, die über soziale Netzwerke Millionen Menschen erreichten. Die zentrale Botschaft: Organspende schenkt nicht nur Leben, sondern auch Hoffnung, Zukunft und ein Lächeln.
Ziel der Kampagne ist es, die Organspende als Hoffnungsträger und Geschenk des Lebens zu vermitteln, Ängste abzubauen und die emotionale Verbindung zu stärken.
„Transplantando Sonrisas“ („Lächeln transplantieren“) würdigt das Engagement medizinischer Fachkräfte in der Organtransplantation und dankt der Gesellschaft für ihre Spendenbereitschaft, indem gezeigt wird, wie viele Leben täglich dank der Großzügigkeit von Spender:innen und der Arbeit des Gesundheitspersonals gerettet werden können.
Über einen Zeitraum von neun Monaten wurden zehn Transplantationszentren in Spanien besucht, um dort die Arbeit rund um die Organspende und -transplantation zu dokumentieren. Der daraus entstandene Dokumentarfilm basiert auf 2.400 Interviews mit Patient:innen, Spender:innen, Angehörigen und medizinischem Personal.
Die Kampagne setzt auf mobile Ausstellungen mit Porträts von Spender:innen und Empfänger:innen, ergänzt durch bewegende Videos in sozialen Medien. Persönliche Schicksale wurden in den Mittelpunkt gestellt, begleitet von Testimonials bekannter Persönlichkeiten und interaktiven Online-Events.
Produziert wurde die Kampagne von Daristoteles. Unterstützt wurde sie von Chiesi España.
Die Zahl der Transplantationen stieg um über 12 % im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Spenderregistrierungen erhöhten sich signifikant.
Weitere Informationen

Frankreich verfolgte zwei komplementäre Strategien. Die Kampagne „Parlons-en, ça peut sauver des vies“ („Sprechen rettet Leben“) zielte vor allem auf Erwachsene und Familien: Sie forderte dazu auf, innerhalb der Familie über den eigenen Spenderwunsch zu sprechen, bevor der Ernstfall eintritt. Videos, Schulungen und ein thematisch angepasstes Infoportal begleiteten die Aktion.
Die Aktionen umfassten emotionale Videos mit Lebendnierenspender:innen, Online-Webinare, Schulungen in Krankenhäusern sowie Flyer und mobile Info-Stände. Begleitet wurde die Kampagne vom jährlichen Nationalen Awareness-Tag am 22. Juni, ergänzt durch die Verwendung des grünen Bandes als Symbol der Solidarität.
Im direkten Jahresvergleich stiegen die Transplantationszahlen um ca. 7 %.

Die zweite Variante, „Les Zorganes“ („Die Zorgane“), eine TikTok- und Instagram-Kampagne der „Agence de la biomédecine“ wandte sich explizit an Jugendliche und junge Erwachsene. In acht animierten Kurzclips traten sprechende Organe – Herz, Leber, Lunge und Co. – als Protagonist:innen auf und sprachen humorvoll über das Leben nach dem Tod.
Gemeinsam mit französischen Influencer:innen entwickelte sich die Serie zum viralen Hit: Über 22 Millionen Views, eine Bekanntheit von 31 % unter Jugendlichen und eine nachgewiesene Handlungsbereitschaft bei über 80 % der Rezipient:innen sprechen für sich.
Weitere Informationen

Für die Kampagne „Drugie Życie“ („Zweites Leben“) band Polen gezielt Schulen und Jugendliche ein. Die Schüler:innen wurden ermutigt, sich kreativ mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen – mit selbstgestalteten Plakaten, Kurzfilmen und Podcasts. Workshops und regionale Wettbewerbe rundeten die Aktion ab. Durch die kreative Auseinandersetzung entstand ein nachhaltiger Lerneffekt. Unterstützt von regionalen Gesundheitsämtern erreichte die Kampagne tausende Jugendliche.
Die Zahl der Transplantationen stieg binnen eines Jahres um rund 15 %.
Weitere Informationen

Die USA verknüpften mit „DoNation“ (ein Wortspiel aus „Donation“ und „Nation“) Gesundheit und Arbeitswelt. Ziel war es, Organspende als Teil der Unternehmenskultur zu etablieren. Mitarbeitende wurden in Teams dazu eingeladen, sich zu registrieren, Informationsworkshops zu organisieren oder Storytelling-Projekte im Kolleg:innenkreis umzusetzen. Digitale Tools wie personalisierte Zoom-Hintergründe oder interne Wettbewerbe sorgten für zusätzliche Aufmerksamkeit.
Mehr als 23.000 neue Spenderregistrierungen innerhalb eines Jahres – ein signifikanter Anstieg, der auch international Beachtung fand.
Weitere Informationen

Am 7. April trägt Kanada Grün – in Erinnerung an Logan Boulet, dessen Organspende nach einem Hockey-Unglück sechs Leben rettete. Der „Green Shirt Day“ wurde im Jahr 2024 von regionalen Maßnahmen ergänzt, unter anderem der Möglichkeit, bei der Steuererklärung ein Spenderkästchen anzukreuzen (z.B. in Saskatchewan).
Saskatchewan verzeichnete den landesweit höchsten Anstieg an Organspenden – ein Plus von 75 % im Vergleich zum Vorjahr.
Weitere Informationen

Indien verfolgte einen institutionellen Weg: In den Bundesstaaten Karnataka und Andhra Pradesh wurden mit den Programmen „Jeevasarthakathe“ (Pfad des Lebens) und „Jeevandan“ (Spende des Lebens) umfassende Reformen im Bereich Organspende eingeführt. Dazu zählen Transplant-Koordinator:innen in Krankenhäusern, digitale Spenderdatenbanken und gezielte Aufklärung an Schulen.
In Karnataka spendeten im Jahr 2024 25 verstorbene Personen Organe. In Andhra Pradesh stieg die Zahl der Spenden um fast 50 % (von 141 auf 210) gegenüber 2023. In Indien dominieren Lebendspenden mit einem Anteil von über 80 % bei den durchgeführten Organspenden.
Weitere Informationen

„You Could Be a Lifesaver“ („Du könntest ein Lebensretter sein“) stellt authentische Geschichten von Empfänger:innen und Angehörigen verstorbener Spender:innen in den Mittelpunkt. Die Initiative der Irish Kidney Association (IKA) in Kooperation mit dem Gesundheitsministerium umfasst emotionale Videoporträts, Posteraktionen, Informationsstände und Schulprojekte. Flankiert wird sie durch die „Organ Donor Awareness Week“, bei der landesweit durch Medien, Veranstaltungen und Spendenaufrufe auf das Thema aufmerksam gemacht wird. Unterstützt wurde die Kampagne unter anderem durch Prominente und die Einführung des Donor-Codes 115 auf irischen Führerscheinen.
Die Zahl der Transplantationen stieg im Vergleich zum Vorjahr: 2024 wurden insgesamt 263 Transplantationen durchgeführt, darunter 84 durch verstorbene Spender:innen und 30 durch Lebendnierenspenden.

„The Orgamites“ wurde im Rahmen eines landesweiten Bildungsprogramms in Grundschulen eingeführt. Die Kampagne umfasst interaktive Lehrmaterialien, Videos, Arbeitsblätter und Poster. Während des Aktionsmonats „Orgtober“ (ein Wortspiel aus „Organ“ und „OKtober“) wurden die Inhalte in den Unterricht integriert – etwa in Biologie, Ethik oder Sozialkunde. Kinder lernten nicht nur über die Funktion der Organe, sondern auch über Empathie und Solidarität.
Entwickelt wurde das Projekt in Zusammenarbeit mit der Public Health Agency Nordirlands sowie der NGO „Live Life Give Life“ und der Bildungsplattform Orgamites.com. Die Inhalte stehen auch in irischer Sprache zur Verfügung.
Schulen und Eltern berichteten über intensive Gespräche mit Kindern zu Themen wie Spendenbereitschaft und medizinischer Ethik. Die Kampagne legt damit den Grundstein für eine langfristige kulturelle Veränderung im Umgang mit Organspende.
Übrigens: Neben Nordirland ist das Programm „Mighty Organs“ auch in Kanada, Griechenland und Südafrika als Teil des „Orgamites Mighty Education Programs“ durch Bildungspartnerschaften etabliert.
Weitere Informationen