Die aktuelle Bundesregierung steht vor dem Aus. Sobald der Bundestag aufgelöst ist, droht die Bundesratsinitiative zur Widerspruchslösung bei der Organspende zu scheitern – ausgerechnet in dem Jahr, in dem die World Transplant Games zum ersten Mal in Deutschland stattfinden (17. bis 24. August 2025 in Dresden). Die World Transplant Games als Weltmeisterschaft für Transplantierte und TransDia Deutschland Sport als übergeordneter Transplantiertensportverein fordern den europäischen Standard der Widerspruchsregelung seit Langem.
Eberhard Schollmeyer, Zweiter Vorsitzender des TransDia Sport Deutschland e. V.: „Noch immer hat der Bundestag die Bundesratsinitiative zur Widerspruchsregelung nicht beraten. Das Grundgesetz verpflichtet aber dazu. Das Zerbrechen der Regierung ist kein Grund, die Beratung noch weiter hinauszuzögern, auch wenn viele das Vorhaben am liebsten in der Diskontinuität sehen würden.” Der Bundesrat hatte bereits im Juli beschlossen, den entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen. In ihrer Stellungnahme dazu hat die Bundesregierung erklärt, dem Abstimmungsergebnis ergebnisoffen entgegenzusehen. „Wenn der Bundesregierung das Ergebnis sowieso egal ist, ist ihr Bruch auch kein Grund, die Beratung im Bundestag auszusetzen“, so Schollmeyer.
Die Vergabe der World Transplant Games an Deutschland hatte der damalige Präsident der World Transplant Games Federation, Chris Thomas, damit begründet, dass die Lage der Organspende in Deutschland so katastrophal sei, dass die deutschen Wartepatienten auf Hilfe von außen angewiesen sind.
Gudrun Manuwald-Seemüller, Geschäftsführerin der World Transplant Games und Erste Vorsitzende von TransDia: „Diese Einschätzung wird auf traurige Weise bestätigt, wenn die Bundesratsinitiative jetzt wegen Geschäftsordnungsfragen im Sande verläuft. Im August 2025 wird die ganze Welt auf Dresden blicken. Geht Deutschland weiter seinen europaweit einmaligen Sonderweg, werden abwendbarer Tod und vermeidbares Leiden wieder für Jahre in die Verlängerung geschickt. Und die ganze Welt bekommt diese deutsche Absurdität vor Augen geführt.“
Kritik übt Manuwald-Seemüller auch an der fraktionsübergreifenden Gegenbewegung von Bundestagsabgeordneten, die die Organspende-Reform verhindern will. „Das ist wieder eine Nebelkerze. Seit vierzig Jahren wird die Widerspruchsregelung in Deutschland mit solchen Ablenkungsmanövern blockiert. Sie haben nie etwas verbessert. Im Gegenteil: In diesen 40 Jahren ist Deutschland von ganz vorn auf einen der letzten Plätze in Europa durchgereicht worden.“
Deutschland schneidet im Spender-Vergleich besonders schlecht ab
Hintergrund der Widerspruchsregelung ist die aktive Auseinandersetzung jedes Bundesbürgers mit dem Thema Organspende. Aktuell gilt in Deutschland die Zustimmungslösung. Heißt: Organe und Gewebe dürfen nur dann nach dem Tod entnommen werden, wenn die verstorbene Person dem zu Lebzeiten zugestimmt hat. Im Fall der angestrebten Reform bleibt die freie Entscheidung jedes Einzelnen über die Organspende weiterhin unangetastet. Jeder Bürger kann einer Organspende formlos und rechtsverbindlich widersprechen, zum Beispiel schriftlich oder durch Information seiner Angehörigen. Deutschland schneidet im weltweiten Spender-Vergleich besonders schlecht ab. 2023 warteten 8.385 Patienten auf ein Organ. Dem gegenüber standen nur 2.877 Spenderorgane von 965 verstorbenen Spendern.
Hintergrundinformation:
Die World Transplant Games sind eine internationale Sportveranstaltung für Organtransplantierte, Lebendspender und Spenderfamilien, die alle zwei Jahre stattfindet. Ziel ist es, über das Thema Organspende zu informieren und darüber aufzuklären, dass Sport transplantierten Menschen und ihrer Gesundheit zuträglich ist. Die World Transplant Games 2025 Dresden GmbH ist eine hundertprozentige Tochter des TransDia Sport Deutschland e.V., gegründet zur Durchführung der World Transplant Games 2025 in Dresden. Die CitySportMarketing GmbH aus Dresden ist für die Gesamtorganisation der World Transplant Games 2025 verantwortlich und ging aus der CitySki GmbH hervor, die unter anderem erfolgreich den Skiweltcup am Elbufer organisierte. Schirmherrin der World Transplant Games 2025 ist Elke Büdenbender, Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.