Nephrologie
Gesundheitsversorgung

Versorgungsengpass bei Nierenkranken droht

Bis 2030 knapp 25 Prozent mehr Behandlungsfälle, fast jeder dritte Nierenfacharzt scheidet altersbedingt aus Versorgung aus

Daniel Wosnitzka

9. Juli 2025 · 3 Min. Lesezeit

DIATRA 3-2025
Auf Grundlage der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung und Fallzahlabschätzung muss bis 2030 mit einer Zunahme der Nachfrage an nephrologischer Versorgung um bis zu 24 Prozent gegenüber 2022 gerechnet werden. Gleichzeitig treten bis 2030 voraussichtlich 27 Prozent der 2022 aktiven Nephrolog:innen in den Ruhestand. Die durchschnittliche Arbeitszeit wird sich, bedingt durch den Trend zu mehr Anstellungen und Teilzeit, auf etwa 92 Prozent des Niveaus von 2022 verringern. Um das Versorgungsniveau von 2022 aufrecht zu erhalten, fehlen bei geschätzten Nachbesetzungen von 85 Nephrolog:innen pro Jahr bis 2030 voraussichtlich bis zu 425 entsprechende Fachärzt:innen.

Studie zeigt alarmierende Entwicklung bis 2040

Das sind die zentralen Ergebnisse der aktuell vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) gemeinsam mit Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel veröffentlichten Studie zur „Projektion nephrologischer Versorgung in Deutschland. Ambulante Inanspruchnahme und Verfügbarkeit 2022 bis 2040“.

CKD-Fallzahlen steigen deutlich – ältere Patienten besonders betroffen

Derzeit seien in der Altersgruppe ab 40 Jahren knapp drei Millionen gesetzlich Versicherte mit einer Chronischen Nierenerkrankung (CKD) in vertragsärztlicher Versorgung, so die Studie. Zwischen 2013 und 2022 sei die Diagnoseprävalenz der CKD in dieser Altersgruppe von 4,4 auf 7,1 Prozent angestiegen. Dies entspricht einem Zuwachs um 60 Prozent. Das weise darauf hin, dass in zunehmendem Maße Personen mit zuvor unerkannter CKD in der vertragsärztlichen Versorgung erkannt, diagnostiziert und ambulant behandelt würden. Die Fallzahlen pro Versicherten unterschieden sich stark nach Alters- und Geschlechtsgruppe: Im Jahr 2022 kamen auf 1.000 30- bis 44-Jährige durchschnittlich weniger als 25 nephrologische Behandlungsfälle, wohingegen auf 1.000 Männer im Alter von 75 Jahren und älter im Durchschnitt mehr als 160 Fälle entfielen.

Dringender Handlungsbedarf: Versorgungslücke droht

Während die Nachfrage nach ambulanter nephrologischer Versorgung kontinuierlich zunimmt, sinkt gleichzeitig die Anzahl der in der fachärztlichen Versorgung tätigen Vertragsärzt:innen. Im Referenzjahr 2022 sind laut Bundesarztregister 1.734 Nephrolog:innen in der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen oder angestellt gewesen. 27,3 Prozent waren 60 Jahre oder älter, weitere 22,2 Prozent waren zwischen 55 und 59 Jahre und weitere 18,9 Prozent zwischen 50 und 54 Jahre alt. Unter Berücksichtigung der Facharztanerkennungen der vergangenen Jahre sowie einem zunehmenden Trend bei den ambulant tätigen Nephrolog:innen zur Anstellung und Teilzeit fehlen zur Aufrechterhaltung der ambulanten Versorgung pro Jahr bis 2030 insgesamt 222 bis 425 Leistungserbringende. Der Bedarf läge nach der Berechnung im Jahr 2030 bei bis zu 2.365 Nephrolog:innen. Im Vergleich: 2022 waren es 1.734 Fachärzt:innen in der ambulanten Versorgung.
„Die nephrologische Versorgung von gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten in Deutschland ist seit vielen Jahren eine anhaltende Erfolgsstory: Die stetig steigende Anzahl von CKD-Behandelten spricht für eine Verbesserung der ambulanten Versorgung von chronisch Nierenerkrankten. Denn: Ambulante Versorgung kann stationäre Aufenthalte vermeiden und ist damit entscheidend für die Entlastung des gesamten Gesundheitssystems, insbesondere bei älteren Versicherten mit chronischer CKD. Doch angesichts der demografischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts droht sich langsam eine Versorgungslücke zu öffnen. Denn während der Bedarf weiter deutlich steigt, fehlen Fachkräfte. Wenn wir jetzt nicht gezielt gegensteuern, droht in wenigen Jahren eine spürbare Eintrübung der fachärztlichen Versorgung, die insbesondere Patientinnen und Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen treffen würde“, so der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.

Publikationen

  • Projektion nephrologischer Versorgung in Deutschland. Ambulante Inanspruchnahme und Verfügbarkeit 2022 bis 2040