Zehn Jahre Medizinischer Vorstand der DSO
Dennis M Stamm
25. Okt. 2024 · 4 Min. Lesezeit
Dr. Axel Rahmel wechselte von Eurotransplant zur Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) und übernahm dort zum 1. April 2014 die Position des Medizinischen Vorstands. Der damalige Hauptamtliche Vorstand für Restrukturierung der DSO, Dr. jur. Rainer Hess erklärte: „Mit Dr. Rahmel übernimmt ein ausgewiesener Experte in der Transplantationsmedizin dieses besonders wichtige Amt. Als langjähriger Medizinischer Direktor von Eurotransplant hat er sich ein umfassendes Wissen in den nationalen und internationalen Grundlagen der Organtransplantation erworben und als Experte auf diesem Gebiet große Anerkennung erfahren.“
Dr. Axel Rahmel antwortete auf meine Frage bei der Pressekonferenz zum 20. Jahreskongress der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) am 24. Oktober 2024, wie er nach zehn Jahren als Medizinischer Vorstand seinen persönlichen Rückblick formulieren würde:
Wenn es um das zehnjährige Jubiläum bei der DSO versus Eurotransplant [Rahmel war von 2005 bis 2014 Medizinischer Direktor der Eurotransplant International Foundation in Leiden/Niederlande] geht, dann habe ich eigentlich immer nur das Bild vor Augen, das mich damals sehr beschäftigt hat und was ich bis zum Ende der Eurotransplant-Zeit geschildert habe. Ich habe immer gedacht, ich fühle mich bei Eurotransplant so ein bisschen wie der Kapitän auf der Titanic. Herr Professor Nagel hat es angesprochen: die schwierigen Entscheidungen bei der Allokation [Zuteilung von Organen ausschließlich nach medizinischen und ethischen Gesichtspunkten]. Wenn Sie nicht genug Rettungsboote haben für all die Menschen, die von einer Organtransplantation profitieren können, dann müssen Sie entscheiden, wer ins Rettungsboot kommt.
Und deswegen dachte ich, wenn ich zur DSO komme, und das habe ich mir als Ziel gesetzt, ich werde mich dafür einsetzen, dass wir mehr Rettungsboote haben, damit diese schwierigen Entscheidungen, was das Thema „Wer kommt ins Rettungsboot“ betrifft, dass man davon wegkommt.
Wenn ich jetzt nach zehn Jahren zurückblicke, dann kann ich sagen, die Politik, das muss man ganz ehrlich sagen, hat uns in vielen Dingen unterstützt. Da sind sehr viele Rahmenbedingungen geschaffen worden mit dem Gesetz für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende (GZSO), aber auch mit anderen Maßnahmen, die hier ergriffen worden sind. Also jetzt einen Vorwurf zu machen, dass man sich nicht um das Thema gekümmert hätte, würde ich nicht erheben. Natürlich würde man sich manches zusätzlich wie die Widerspruchslösung wünschen. Aber jetzt immer in eine Richtung zu zeigen, ist aus meiner Sicht ungerechtfertigt. Es ist halt schon nach zehn Jahren enttäuschend zu sehen, wie wenig man oder wie wenig bewegt wurde in Deutschland. Deswegen glaube ich, der entscheidende Punkt ist wirklich, dass sich alle Menschen, Bürgerinnen und Bürger in Deutschland mit der Frage auseinandersetzen, was wäre, wenn ich selbst, wenn ein geliebter Mensch, den ich habe, auf eine Organtransplantation angewiesen wäre, was würde ich mir dann wünschen? Und Organspende ist Solidarität über den Tod hinaus. Und ich würde mir in unserer Gesellschaft diese Solidarität über den Tod hinaus unbedingt wünschen, damit diese verzweifelte Situation, sich zu überlegen, wer kriegt ein Rettungsboot und wer kriegt kein Rettungsboot, dass diese Situation wegkommt oder zumindest gemildert wird.
Sie haben ja gesehen an den Daten [siehe unten], die ich Ihnen gezeigt habe, dass die Zahl derjenigen, die von der Transplantation profitieren könnten, die noch viel größer ist als die Zahl, die Sie auf den Wartelisten sehen. Wenn Sie hören, jeden Tag sterben zwei oder drei Menschen auf der Warteliste, denen mit einer Organtransplantation hätte geholfen werden können. Das ist eine plakative Zahl, aber die Wahrheit ist: Es sind noch viel mehr.
