DIATRA bringt Betroffene, Mediziner:innen und Fachgesellschaften an einem Tisch zusammen
DIATRA-Redaktion
26. Dez. 2022 · 5 Min. Lesezeit
Fast 30 Vertreter:innen von Selbsthilfeorganisationen, medizinischen Fachgesellschaften sowie Mediziner:innen von Transplantationskliniken trafen sich am 12. Dezember 2022 in einer Videokonferenz des gemeinnützigen DIATRA-Verlages, um sich über Lösungen für die desaströse Lage in der Organ- und Gewebespende in Deutschland auszutauschen. Es bestand weitgehend Konsens darüber, dass die Widerspruchsregelung im Rahmen eines Gesamtpakets deutlich dazu beitragen kann, die Situation zu verbessern. Die letzten Zahlen von Eurotransplant von November 2022 weisen auf einen Rückgang der gespendeten Organe um 7,3 Prozent seit November 2019.
Transplantationschirurg Dr. Peter Petersen (Tübingen) kritisierte, dass Bündnis 90/Die Grünen auf seinen Antrag zur Einführung einer Widerspruchsregelung durch den Bundestag bis dato nicht reagiert hätten. Für diesen Antrag hatte sich die Bundesdelegiertenkonferenz beim letzten Parteitag der Grünen am 15.10.2022 mit klarer Mehrheit ausgesprochen. „Nach zwei Monaten der Inaktivität kann der Eindruck entstehen, dass die Parteiführung den Beschluss für die Einführung des neuen Gesetzes zur Organspende nicht umsetzen will“, so Petersen.
Deshalb sollte in der Diskussion auf die Kritik an der neuen Regelung eingegangen und Bedenken mit Sachargumenten entkräftet werden. „Die Behauptung, dass bei einer Widerspruchsregelung die Angehörigen nicht mehr gefragt werden und jeder nach einem irreversiblen Hirnfunktionsausfall automatisch zum Spender würde, ist nicht richtig und gehört zu den Falschinformationen, die in Deutschland viele Organspendebefürworter verunsichert haben“, so Petersen weiter. „Was sich durch eine Widerspruchsregelung im Vergleich zur jetzigen Situation aber ändern würde, ist die Verpflichtung der Krankenhäuser, tatsächlich in allen Fällen zu fragen, in denen eine Organ- oder Gewebespende medizinisch möglich ist, die Angehörigen darüber aufzuklären und die Voraussetzungen für eine Entnahmeoperation zu schaffen.“
Zazie Knepper von der „Initiative Menschen auf der Warteliste bei Eurotransplant“ bedauerte den schlechten Wissensstand bei Mitgliedern des Bundestages zu diesem Thema, die die Diskussion über die Widerspruchslösung weniger auf sachlicher als auf emotionaler Ebene führen würden. Im Januar 2020 war der gemeinsame Gesetzentwurf des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) und des SPD-Abgeordneten Karl Lauterbach gescheitert.
Mario Rosa-Bian von der Interessengemeinschaft Niere NRW e.V. bezeichnete das „Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ vom 16.01.2020 als „Rohrkrepierer“. Prof. Johann Pratschke, Ärztliche Centrumsleitung der CharitéCentrum, unterstrich: „dieses Gesetz hat die dramatische Lage in der Organspende nicht verbessert. Es wird als Pseudoargument vorgeschoben.“
Vertreter:innen der medizinischen Fachgesellschaften DGTHG, DGFG, DTG und der DGPK, des Arbeitskreises Transplantationspflege e.V. wie auch anwesende Mediziner:innen Frau PD Dr. Ulrich, Frau Dr. Yildiz, Herr Prof. Gummert, Herr Prof. Pratschke, Herr Prof. Hagl, Herr Prof. Choi, Herr Prof. Anthuber, und weitere Teilnehmende begrüßten den Vorstoß der Patientenvertreter:innen anlässlich der katastrophalen Bilanz nach nahezu drei Jahren neuer Gesetzgebung einen weiteren Offenen Brief an die Politik zu richten, um mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass es weiterer beherzter Schritte bedarf, um voranzukommen. Patientenvertreter:innen erwägen zusätzlich, den Rechtsweg zu beschreiten.
Täglich sterben in Deutschland Kinder, Jugendliche und Erwachsene, weil sie vergeblich auf eine Organ- oder Gewebespende warten. Deutschland bezieht als einziges Land im Eurotransplant-Verbund Organe von Ländern, in denen die Widerspruchsregelung gilt und auch die Spende nach Herztod möglich ist, während beide Optionen hierzulande ausgeschlossen sind.
Die Videokonferenzen zu gesundheitlichen Themen werden vom gemeinnützigen DIATRA-Verlag regelmäßig fortgeführt. Interessierte sind herzlich eingeladen und können sich gerne beim DIATRA-Verlag melden.
Zu den Teilnehmenden der Videokonferenz gehörten u.a.:
Der gemeinnützige DIATRA-Verlag:
1991 gegründet, berichtet der DIATRA-Verlag seit mehr als 30 Jahren interdisziplinär aus den medizinischen Gebieten der Nephrologie, Transplantation und Diabetologie und macht sich für die Organspende stark. Er spricht dabei Betroffene wie auch ärztliches und pflegerischer Fachpersonal an, um alle Akteure auf Augenhöhe zu bringen und so deren Zusammenarbeit und letztlich die Lebensqualität chronisch kranker Menschen zu verbessern. Seit 2021 ist der DIATRA-verlag als gemeinnützig anerkannt.
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