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Nephrologie
Gesundheitsversorgung

Chronische Nierenerkrankung: Internationale Konsenserklärung fordert dringende Maßnahmen

ERA

8. Apr. 2024 · 4 Min. Lesezeit

Am 3. April 2024 veröffentlichte "Nature Reviews Nephrology" eine wegweisende internationale Konsenserklärung mit dem Titel "Chronic Kidney Disease and the Global Public Health Agenda: An International Consensus". Die von einer Koalition aus führenden Fachleuten, Interessengruppen und nephrologischen Gesellschaften verfasste Publikation hebt die kritischen Anforderungen an Politik, Interessenvertretung und Umsetzung hervor, um die wachsende Belastung durch Nierenerkrankungen weltweit zu verringern.

"Im Gegensatz zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall und Atemwegserkrankungen ist bei chronischen Nierenerkrankungen (CKD) ein beunruhigender Anstieg der Sterblichkeitsraten zu verzeichnen. Derzeit stehen Nierenerkrankungen weltweit an dritter Stelle der am schnellsten wachsenden Todesursachen, wobei die Zahl der auf Nierenerkrankungen zurückzuführenden Todesfälle zwischen 2000 und 2019 um 50 % gestiegen ist", stellt Masaomi Nangaku, Präsident der International Society of Nephrology (ISN), fest.

CKD und akute Nierenverletzungen (AKI) stellen eine große Herausforderung für die globale Gesundheit dar, insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMIC), wo der Zugang zu Pflege- und Präventionsdiensten begrenzt ist. Die Weltbank hebt hervor, dass CKD für die größte Anzahl von Menschen verantwortlich ist, die jährlich unter katastrophalen Gesundheitsausgaben leiden, insbesondere in LMICs. Mehr als eine Million Menschen mit potenziell reversibler AKI sterben jährlich, weil keine rechtzeitigen Therapien, einschließlich der Dialyse, zur Verfügung stehen, was die Dringlichkeit unterstreicht, die Lücken in der Gesundheitsversorgung zu schließen.

Zu den zentralen Empfehlungen des internationalen Konsenses gehören:

  • Verbesserter Zugang zur Versorgung: Die Verbesserung der Verfügbarkeit von erschwinglichen und zugänglichen Gesundheitsdiensten ist von entscheidender Bedeutung, um die Diagnose-, Behandlungs- und Präventionsbedürfnisse von Menschen mit CKD und AKI zu erfüllen, insbesondere in ressourcenbeschränkten Umgebungen.
  • Bessere Präventionsstrategien: Wirksame Strategien zur Vorbeugung von CKD und AKI müssen durch fachübergreifende Forschung und Engagement in der Gemeinschaft entwickelt werden, wobei der Schwerpunkt auf dem Verständnis von Risikofaktoren und der Anpassung von Maßnahmen an lokale Gegebenheiten liegen muss.
  • Entwicklung und Anpassung von Pflegemodellen: Die Umsetzung ausgewogener, skalierbarer und nachhaltiger Pflegemodelle erfordert die Zusammenarbeit mit Interessengruppen und innovative Ansätze wie Aufgabenteilung, digitale Technologien und Online-Plattformen für Schulung und Überwachung.
  • Stärkere Sensibilisierung und Aufklärung: Aufklärungskampagnen sind unerlässlich, um sowohl Einzelpersonen als auch medizinische Grundversorger über die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung von CKD aufzuklären und so das Fortschreiten der Krankheit und die damit verbundenen Komplikationen zu verringern.
  • Soziale Einflussfaktoren der Nierengesundheit berücksichtigen: Das Erkennen und Angehen sozialer Gesundheitsfaktoren wie Armut und mangelnder Zugang zu grundlegenden Einrichtungen sind entscheidende Schritte, um die Belastung durch Nierenerkrankungen, insbesondere in benachteiligten Bevölkerungsgruppen, zu mindern.
  • Erhöhte Mittel für Forschung und Entwicklung: Zur Unterstützung von Forschungsinitiativen, die darauf abzielen, neue Behandlungen zu entwickeln, das Verständnis von Nierenkrankheiten zu verbessern und globale Ungleichheiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und bei den Behandlungsergebnissen zu beseitigen, werden angemessene Mittel benötigt.
  • Internationale Zusammenarbeit und Abstimmung: Gemeinsame Anstrengungen auf internationaler Ebene sind entscheidend für die Förderung effektiver Strategien, Programme und den Wissensaustausch zur Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von Nierenerkrankungen weltweit.
  • Stärkere Einbeziehung von Patient:innengruppen: Eine sinnvolle Einbindung von Patient:innengemeinschaften ist für die Gestaltung von Strategien, Programmen und Dienstleistungen, die sich an den Bedürfnissen und Prioritäten von Menschen mit Nierenerkrankungen orientieren, unerlässlich.

Die Konsenserklärung beklagt die unzureichende Darstellung von Nierenerkrankungen in den Medien und in der Öffentlichkeit, wobei ein 11-faches Missverhältnis zwischen diskutierten und tatsächlichen Todesursachen besteht.

"Diese Konsenserklärung ist ein wichtiger erster Schritt, um die Auswirkungen von Nierenerkrankungen auf mehr als 850.000.000 Menschen weltweit anzuerkennen und die Notwendigkeit zu erkennen, Ungleichheiten bei der Nierengesundheit zu beseitigen und eine gerechte Nierenversorgung für Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zu erreichen. Ich bin überzeugt, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Regierungen weltweit dieser Aufforderung zum Handeln nachkommen werden", erklärt Deidra Crews, Präsidentin der American Society of Nephrology.

Das Nachhaltigkeitsziel 3.4 der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2015 zielt darauf ab, die vorzeitige Sterblichkeit durch NCDs (nicht-übertragbare Erkrankungen  = non-communicable Diseases) bis 2030 um ein Drittel zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die WHO Krebs, Herzkrankheiten, Schlaganfall, chronische Lungenkrankheiten und Diabetes als die wichtigsten Ursachen für die vorzeitige Sterblichkeit durch NCDs anerkannt. Wird die Nierenerkrankung nicht in diese Initiative einbezogen, wird die Chance verpasst, eine der Hauptursachen für die vorzeitige und vermeidbare Sterblichkeit zu bekämpfen.

"Nierenkrankheiten werden zu wenig erkannt und mit zu wenig Mitteln ausgestattet. In Anerkennung der stillen und doch allgegenwärtigen Auswirkungen von Nierenkrankheiten als einer der Hauptursachen für nicht übertragbare Krankheiten (NCDs) können unsere drei Gesellschaften gemeinsame Anstrengungen unternehmen, um Leben zu retten und die Gesundheitsergebnisse weltweit zu verbessern. Durch gemeinsame Anstrengungen können wir das Bewusstsein schärfen, Ressourcen bereitstellen und der globalen Nierengesundheit in unserem Streben nach einer gesünderen und gerechteren Zukunft für alle Priorität einräumen", schließt Christoph Wanner, Präsident der European Renal Association (ERA).

Übersetzung: DIATRA

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