Editorial zur DIATRA professional-Ausgabe Vol. 1/2024
Dennis M Stamm
25. Jan. 2024 · 2 Min. Lesezeit
Vor wenigen Tagen hat die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) einen Anstieg der Spenderrate von 10,3 ppm im Jahr 2022 auf 11,4 ppm im Jahr 2023 veröffentlicht (16.01.2024: "DSO: Organspendezahlen in 2023 auf leichtem Erholungskurs"). Das sollte positiv stimmen, wenn nicht sogar Hoffnung machen. Die Wahrheit ist jedoch, dass wir uns nach wie vor auf einem schmerzlich niedrigen Niveau befinden: 2023 haben in Deutschland 965 Menschen ihre Organe gespendet, und wenn man die Zahlen der letzten Jahre betrachtet, hat sich nicht viel verändert, weder zum Positiven noch zum Negativen. Schaut man allerdings knapp zehn, elf Jahre zurück, so fällt einem auf: „Hey, wir waren doch schon mal über 1.000 Spender:innen!“ Zusätzlich schmerzhaft wird es, wenn man erfährt, dass beispielsweise die Schweiz im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 22 Prozent erreicht hat (23.01.2024: "Schweiz: Mehr Organspenden im vergangenen Jahr") und Spitzenreiter Spanien erneut mehrere Rekorde bei der Organspende gebrochen hat und nun bei einer Spenderrate von 48,9 ppm liegt (17.021.2024: "Spanien stellt Organspendebilanz für das Jahr 2023 vor").
Ja, es bewegt sich etwas in Deutschland: Immer mehr Bundesländer und Gesundheitspolitiker:innen sprechen sich für eine Wiederaufnahme des Gesetzentwurfs zugunsten einer Widerspruchsregelung aus. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist zwar nicht Initiator, würde aber einen erneuten Vorstoß im Bundestag unterstützen.
Worauf warten wir also noch? Ach ja, auf den Start des Online-Registers, der noch in diesem Quartal erfolgen soll. Die Befürworter dieses Registers bzw. der Entscheidungslösung verweisen gerne darauf, dass erst der Betrieb des Online-Registers zeigen wird, ob weitere Maßnahmen zur Steigerung der Organspende notwendig sind - ungeachtet der Tatsache, dass andere Länder bereits zeigen, dass der Nutzen dieses Registers, wie z.B. in der Schweiz, gerade einmal zu einer Steigerung von einem Prozent geführt hat. Zweifellos gibt es in der Gesundheitspolitik viele Stellschrauben, an denen gedreht werden müsste – vielleicht sogar zu viele für eine Legislaturperiode. Aber wie will man den Betroffenen in einer der größten Industrienationen mit einem im OECD-Vergleich überdurchschnittlich teuren Gesundheitssystem erklären, warum sie länger als im Ausland auf ein Spenderorgan warten müssen?
Weitere aktuelle Statistiken gibt es hier.